Gelüste und Genüsse

Gelüste und Genüsse

Gelüste – jetzt oder nie?

In unserer modernen Leistungsgesellschaft wird von uns erwartet, dass wir unsere Gelüste und innersten Wünsche aufschieben. Wir versuchen unsere Weltreichweite stetig zu erhöhen und verzichten dadurch oftmals auf das, was wir im aktuellen Moment wollen. Aber leider heißt „später“ oftmals „nie“.
Giovanni Boccaccio, der als Schriftsteller, Dichter und Humanist der Renaissance bekannt geworden ist, scheint dieses Paradox bereits vor über 600 Jahren erkannt zu haben. 

Sollten Gelüste unterdrückt werden?

In unserer mitteleuropäischen Kultur werden unvernünftige Gelüste eher kritisch beäugt. Es scheint, als sollten wir lieber ein Mal weniger genießen, als ein Mal zu viel. Gerade wir Deutschen scheinen große Angst davor zu haben, ein gutes Leben zu führen. Gelüste sind uns unheimlich. Stattdessen fröhnen wir lieber der protestantischen Arbeitermoral. Aber was haben wir davon unsere Gelüste zu unterdrücken? Ist dieser Impuls vielleicht eher ein Zeichen von Angst vor der möglichen Reue?

Das Leben ist kurz

Unser Leben ist endlich. Unabhängig davon, ob wir unsere Gelüste ausleben oder unterdrücken, wir sterben bei Zeiten. Gesundheitsförderliche Ernährung und ein stressarmer sowie bewegungsreicher Lebensstil kann unser Leben verlängern. Das Gemeine ist aber, dass wir es nicht wissen. Es geht immer nur um Wahrscheinlichkeiten. Werden wir glücklich alt oder sterben wir vorzeitig an …? Realisiert sich unser Lebensplan oder verlieren wir …?

„Wir sollten stets darauf achten, dass wir unser Leben auch gelebt haben, wenn dessen Zukunft nicht mehr länger existiert.“

Genuss ist im Hier und Jetzt

Genüsse existieren im Hier und Jetzt. Wenn wir dem Vergnügen frönen, welches unsere Neuronen in Ekstase versetzt, dann leben wir. In dem Moment des reinen Genusses spielt die ungewisse Zukunft keine Rolle. Doch der Genuss vergeht. Wenn wir unseren Genuss später bereuen, sind auch die Gelüste nicht mehr fern. In diesem ewigen Wechselspiel zwischen Genuss, Übermaß und erneuten Gelüsten spielt sich das Leben ab.

„Warum sollten wir den Genuss verdammen?“