Die Meditative Ernährungsweise
Meditation und Essen klingen auf den ersten Blick nicht wie zwei verwandte Handlungen. Ich bin allerdings der Überzeugung, dass einige Prinzipien der Meditation unsere Ernährungsweise bereichern können.
Achtsamkeit und Gewahrsamkeit
Zwei entscheidende Begriffe aus der Lehre der Meditation lauten „Achtsamkeit“ und „Gewahrsamkeit“. Auf den ersten Blick zwei abstrakte Begriffe. Vermutlich haben sich schon viele vor mir mit der genauen Definition beschäftigt. Höchst wahrscheinlich werden diese Definitionen auch weitaus präziser gefasst sein als meine eigenen. Für mich persönlich haben sich zwei Definitionen herausgebildet, die ich folgender Weise beschreiben möchte.
Lebensmittel achten
In diesem Wort steckt das Verb „achten“. Eine Person zu achten, bedeutet in meinen Augen ihr mit voller Wertschätzung seine ungeteilte Aufmerksamkeit entgegen zu bringen. Etwas zu achten steht in einem engen Zusammenhang mit dem Bewundern und Anerkennen, der darin steckenden Energie und Leistung. Es wäre für mich ein Widerspruch in sich, jemanden oder etwas zu achten, ohne ihn, sie oder es zu respektieren. Wenn man sein Essen achtet, heißt dies für mich automatisch, dass man sich damit auf verschiedenen Ebenen beschäftigt. Wo kommt mein Essen her? Wie bereitet man es zu? Warum sind da Chemikalien zugesetzt, deren Namen ich nicht mal aussprechen kann?
Lebensmittel sind Mittel zum Leben
Dementsprechend heißt „Achtsamkeit“ in diesem Zusammenhang für mich auch den Empfänger dieser Aufmerksamkeit zu achten. Also seinen Körper. Dieser schickt einem Signale. Hunger, Durst und Sättigung sind über ein komplexes Hormonsystem geregelt und wenn wir diese Signale achten, können wir Gewichtsproblemen vorbeugen, statt sie zu begünstigen.
Im Hier und Jetzt leben
Der Übergang von der Achtsamkeit zur Gewahrsamkeit verläuft fließend. Um unsere körpereigenen Signale sowie unsere Lebensmittel zu achten, müssen wir uns und unserer Umwelt gewahr werden. Dafür müssen wir unsere Aufmerksamkeit auf den kurzen Moment zwischen Vergangenheit und Zukunft fokussieren. Wir müssen im Moment, im Hier und Jetzt leben.
Wenn ich esse, esse ich
Es gibt hierzu eine Anekdote über einen weisen buddhistischen Mönch. Dieser war bekannt für seine Ausgeglichenheit und seine fröhliche, sanfte Art. Er galt als glücklichster Mensch Indiens. Eines Tages wurde er von einer Gruppe Touristen besucht. Sie forderten den Mönch auf, ihnen sein Geheimnis zu verraten. Der Mönch lächelte weise und antwortete:“Wenn ich liege, dann liege ich. Wenn ich esse, dann esse ich. Wenn ich gehe, dann gehe ich.“ Die Touristen dachten der Mönch wolle sie veralbern:“Treibe keinen Schabernack mit uns. Erzähle uns Dein Geheimnis.“ Der Mönch antwortete erneut:“Wenn ich liege, dann liege ich. Wenn ich esse, dann esse ich. Wenn ich gehe, dann gehe ich.“ Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu:“Das Problem der meisten Menschen liegt darin, dass sie beim Liegen schon ans Aufstehen, beim Essen schon ans Gehen und beim Gehen schon ans Liegen denken. Dadurch verpassen sie stets den wertvollsten Zeitpunkt den ihr Leben zu bieten hat. Nämlich den Schnittpunkt zwischen Vergangenheit und Zukunft.“
Mutig essen
Diese Anekdote soll Ihnen, lieber Leser, Mut machen. Viele unserer alltäglichen Probleme können gelöst werden. Dafür ist es allerdings notwendig unseren Alltag zu entzerren und zu entschleunigen. Wenn wir es schaffen, uns auf die Aktivität zu fokussieren, die wir im Hier und Jetzt ausführen, verlieren die Probleme von Gestern und Morgen ihre Bedeutung. Dafür müssen wir nur zwei Dinge vom Buddhismus lernen. Achtsamkeit und Gewahrsamkeit. Nicht, dass es leicht wäre. Ich scheitere immer wieder an dieser Herausforderung. Allerdings bin ich mir sicher, dass das Ziel, im Hier und Jetzt zu leben, jede Anstrengung wert ist.
Bewusstes Leben bedeutet auch bewusste Ernährung.